Seit mehr als zwei Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem nicht das Ausmaß der Euro-Schuldenkrise in den Medien diskutiert wird. Alarmierende Berichte von den Börsen, Rating-Herabstufungen, Massenproteste gegen soziale Kürzungen, Diskussionen über europäische Rettungsfonds, Gedanken über Austritte einzelner Länder aus der Eurozone und eine Reihe schwer zu verstehender Wirtschaftsbegriffe bestimmen seitdem den Alltag in Europa. Die Vielzahl der agierenden Akteure und vorhandenen Einflussvariabeln führen dazu, dass inzwischen nicht nur der Normalbürger das Gefühl hat, den Überblick verloren zu haben. Die Krise erscheint uns gerade aufgrund ihrer nicht nur ökonomischen Seite besonders besorgniserregend. Die wirtschaftliche Instabilität bringt demnach aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und der daraus folgenden Verarmung einiger Bevölkerungsschichten auch viele soziale Probleme mit sich. Dass die Euro-Schuldenkrise auch eine politische Dimension hat, zeigt sich nicht zuletzt an vorgezogenen Neuwahlen, an Rücktritten von Regierungschefs und der Einsetzung von Übergangsregierungen parteiloser Wirtschaftsexperten in einigen Ländern der Eurozone. Der wachsende Euroskeptizismus in den Mitgliedsländern der Europäischen Union, der Wählerzulauf extremer Parteien bspw. bei den letzten Wahlen in Griechenland und Frankreich und aufkeimende Ressentiments zwischen den Völkern sind bedenkliche Begleiterscheinungen der Krise und stellen die Europäische Union als Konstrukt in Frage. Diese Erscheinungen laufen den Forderungen nach einer Vertiefung der europäischen Integration zuwider, die sich für viele, insbesondere auf politischer Ebene, aus der erkannten, gegenseitigen Abhängigkeit der EU-Mitgliedsstaaten ergibt. Die Arbeit der Troika und die Verhandlungen der Regierungschefs bspw. zeigen deutlich, dass die komplette Europäische Union betroffen ist. So befinden sich nicht nur Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal in einer Krise, sondern alle Länder der Eurozone stehen als Gemeinschaft in der Verantwortung zu agieren, um den europäischen Volkswirtschaften nicht zu schaden. Die Krise beeinflusst darüber hinaus aber auch die komplette Europäische Union. Auch wenn nicht alle Länder Europas über den Euro als Zahlungsmittel verfügen, sind die Volkswirtschaften seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl im Jahre 1951 immer stärker miteinander verflochten worden. Global betrachtet hat die Euro-Schuldenkrise auch Auswirkungen auf die internationalen Märkte, so dass bspw. auch Barack Obama das Krisenmanagement der Europäischen Union stark kritisiert hat.
Dieses Krisenmanagement setzt sich aus vielen Maßnahmen zusammen, die seit dem Beginn der Euro-Schuldenkrise auf europäischer Ebene diskutiert und teilweise auch beschlossen worden. Hilfskredite in Form des Euro-Rettungsschirms wurden an die Schuldenstaaten vergeben, um so zumindest vorläufig die finanzielle Stabilität im Euroraum zu garantieren. Ab Juli 2012 soll der Europäische Stabilitätsmechanismus, der Gelder unter strengeren Bedingungen gewähren soll, greifen. Ob diese Hilfskredite den Schuldenstaaten jedoch langfristig aus der Krise verhelfen können, ist umstritten, da diese die Insolvenz der Länder eher nur verzögern, aber die Ursachen der Krise nicht bekämpfen. Darüber hinaus sind die Rettungsschirme rechtlich und demokratisch umstritten, weil sie unter hohem Druck durch die Parlamente verabschiedet worden sind und gegen die Nichtbeistands-Klausel der EU-Verträge verstoßen. Auch ist unklar, ob die Gelder überhaupt ausreichend sind. Eine weitere Maßnahme sind die neuen, strengeren Vorgaben zur Haushaltsdisziplin in den EU-Staaten, die bei zu hohen Haushaltsdefiziten (3% des BIP) und Staatsverschuldungen (Schuldenquote von über 60%) Bußgelder nach sich ziehen. Auch die im Europäischen Fiskalpakt vom Großteil der Mitgliederländer der EU beschlossene (nun wieder zur Verhandlung stehende?) Schuldenbremse resultiert aus der Krise. Das verstärkte Agieren der Europäischen Zentralbank in Form von Ankäufen von Staatsanleihen der Krisenstaaten. Dieser Punkt ist insofern interessant, da die Rolle der EZB in der Wirtschaftskrise im deutsch-französischen Kontext umstritten ist. Ebenso wie die Forderung Frankreichs nach einem Wachstumsprogramm für Europa. Neben den Maßnahmen auf europäischer Ebene verfolgt jeder der betroffenen Staaten auch eigene Sparprogramme.
Der demographische Wandel in Europa erscheint neben der aktuellen Brisanz der Schuldenkrise weniger besorgniserregend, wird jedoch unserer Meinung nach langfristig das größere Problem in Europa darstellen. Neben der wirtschaftlichen Dimension des Problems, dem bereits existierenden Fachkräftemangel, der sich noch verstärken wird, werden insbesondere soziale Folgen auf uns zukommen. Schon jetzt erscheint die Rentenversorgung in Form des Generationenvertrags nicht mehr realisierbar und auch die Gesundheitsversorgung wird sich aufgrund mangelnder Ressourcen, d.h. Personal und Finanzmittel, verschlechtern. Die alternden Gesellschaften können so langfristig den Lebensstandard und das Wirtschaftswachstum in der EU beeinträchtigen. Während die Schuldenkrise in jedem Fall eine Angelegenheit ist, die ganz Europa betrifft, muss der demographische Wandel differenzierter betrachtet werden. Generell ist festzuhalten, dass die Bevölkerung in Europa immer älter wird und die Geburtenraten zu niedrig sind, um die Bevölkerungszahlen stabil zu halten. In Deutschland liegt die durchschnittliche Geburtenrate pro Frau bei 1,4 Kindern, in Frankreich hingegen bei 2,0 Kindern. Demzufolge sind einige Länder in Europa von diesem Problem stärker betroffen als andere. Darüber hinaus fällt die Familienpolitik in den nationalen Zuständigkeitsbereich. Dennoch handelt es sich in einem größeren Rahmen betrachtet auch um eine europäische Angelegenheit. So könnte die sinkende Geburtenrate langfristig die Volkwirtschaften in einigen Ländern beeinträchtigen, was dann wiederum Auswirkungen auf die im vorherigen Absatz beschriebenen wirtschaftlichen Abhängigkeiten hätte. Auch sind eine verstärkte Mobilität europäischer Bürger im Rahmen des Schengener Abkommens und eine europäische Migrationspolitik Ansatzpunkte, um dem Fachkräftemangel in einigen und auch der Arbeitslosigkeit in anderen Ländern gemeinsam entgegenzuwirken.
In der Familienpolitik liegt die Gesetzgebung im Sinne der Subsidiarität im nationalen Bereich und wird von der Europäischen Union nur durch Richtlinien und gemeinsam formulierte Ziele beeinflusst. Während in Deutschland die Gründung von Familien lange Zeit als rein private Angelegenheit gesehen worden ist, wurde in Frankreich eine stärkere Familienförderung durch den Staat betrieben. Gerade die ausgebaute Kinderbetreuung in Frankreich fungiert für viele in Deutschland als Vorbild. Durch die Debatten um das Erziehungsgehalt wird das Thema Familienpolitik derzeit in Deutschland in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Familienpolitik ist im Gegensatz zu der Wirtschaftspolitik in erster Linie ein Gegenstand der im nationalen Rahmen geregelt werden muss und nicht im Rahmen der Europäischen Union.